****** Nach dem eher enttäuschenden Album Pin-Ups legte sich mit David Bowie mit seinen neuen Begleitband bestehend aus Mike Gearson (Keyboards), Herbie Flowers (Baß) und den beiden Schlagzeugern Aynsley Dunbar und Tony Newman dermaßen ins Zeugs, als ginge es darum, die Fans, die von Pin-Ups enttäuscht waren, wieder zu versöhnen: Mit der 1974 erschienenen LP Diamond Dogs knüpfte er nahtlos an seine Erfolgsalben The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars und Aladdin Sane an, ohne allerdings ganz deren Klasse zu erreichen. Da mag vielleicht daran liegen, daß der Glam-Rock anno 1974 in seinen letzten Zügen lag. Überhaupt taten sich die Protagonisten des Glam-Rocks ab 1974 schweren bzw. sie orientierten sich musikalisch um: Die Singles von T. Rex verkauften sich nicht mehr so gut wie in den Jahren 1971-73, Slade und Gary Glitter feierten 1974 ihre letzten Nummer 1 Erfolge (und verschwanden nach 1975 aus den Hitparaden), Mott The Hoople verschwanden nach dem Ausscheiden ihres kreativen Kopfes Ian Hunter in der Bedeutungslosigkeit, während The Sweet und der Amerikaner Alice begannen, ihr musikalisches Konzept den zeitlichen Gegebenheiten anzupassen. Und dann tauchte mit den Bay City Rollers eine Gruppe auf, die sich optisch wie eine Glam-Rockband gab, musikalisch aber einen doch ziemlich ernüchternden Teeniepop bot. Sie erwiesen sich schließlich als die Totengräber des Glam-Rocks. Und dann gab es noch David Bowie und Roxy Music, die es fast von heute auf morgen schafften, ihr musikalisches Konzept mal so eben zu korrigieren. Wie dem auch, mit Diamond Dogs präsentierte David sein letztes Glamwerk. Da macht schon das Cover deutlich, hier präsentiert sich Bowie als Fabelwessen, halb Mensch, halb Hund (im Film Spaceballs von Mel Brooks hieß dieses Wesen Möter!). Das Album beginnt mit dem einminütigen Opener Future Legend ungewohnt schicksalschwanger, geht nahtlos in das rockige Diamond Dogs über. Fast könnte man meinen, hier sei Alice Cooper am Werk. Als zweite Singleauskopplung war das Stück im Frühsommer 1974 nur ein mittlerer Hit in England. In Bowie Fankreisen stieß das Stück nicht gerade auf Begeisterung, obwohl es so schlecht nicht ist. Ganz im Gegenteil, wenn es sich mehrmals angehört hat, offenbart doch seine Ohrwurmqualitäten und klingt ansatzweise wie eine Skizze von dem, mit was David Bowie in späteren Jahren sehr erfolgreich war. Auch ich hatte anfänglich meine Schwierigkeiten mit Diamond Dogs, doch seit einigen Jahren gehört zu meinen 10 Bowie Favoriten. Teilweise etwas düster klingt Sweet Thing, in dem Bowie anfänglich mit ungewohnt tiefer Stimme singt. Kein einfaches Stück, aber eines aus seinem Gesamtwerk, das erst noch entdeckt werden muß. Nahtlos geht Sweet Thing in Candidate um, die Stimmung ist die gleiche. Das Reprise von Sweet Thing ist instrumental gehalten, mit schrägen Gitarrenakkorden und Rückkopplungsgeräuschen. Das Reprise von Sweet Thing hätte man knapp 3 Jahre später auch als Punkrock verkaufen können! Dann folgt mit Rebel Rebel die erste Singleauskopplung, die im März 1974 bis in die englischen Top 10 kam. Der rockige Ohrwurm mit seinem ironischen Text (Got Your Mother In A Whirl, Shes Not Sure If Youre A Boy Or A Girl...) erinnert ein wenig an die Rolling Stones. RockNRoll With Me ist ein hymnenhaftes Stück, wie es im Glamrock nicht selten war (z.B. Hymn For The Dudes von Mott The Hoople oder See My Baby Jive und Angel Finger von Wizzard). We Are The Dead ist zwar nicht übel, plätschert aber etwas langweilig vor sich hin. Von ganz anderem Kaliber ist 1984, dem besten Stück auf Diamond Dogs. Dieses Stück mit seinem ungemein prägnanten Refrain ist ein ganz gemeiner Ohrwurm, unterlegt leichten Philly-Soul Einlagen. Weiß der Henker, warum dieses Stück nicht als Single erschienen ist. Von gleicher Klasse, wenn bei weitem nicht so einprägsam ist Big Brother. Das lange Fade-out von Big Brother wurde mit Chant Of The Ever Circling Skeletal Family genannt. Trotz einiger kleiner Durchhänger ist David Bowie mit Diamond Dogs ein gutes Album gelungen, auch wenn es, wie eingangs schon erwähnt, mit den Erfolgsalben der Jahre 1972/73 nicht ganz mithalten kann. Aber was heißt bei jemanden wie David Bowie nur gut? Hätte ein Künstler jener Zeit ein Album von der Klasse von Diamond Dogs eingespielt, so wäre es mit Sicherheit sein mit Abstand bestes Werk. |