****** Auf 'Interpol' führt die Band die Linie der orchestralen Klänge, die sie auf dem Vorgänger 'Our Love To Admire' begonnen hat, nicht weiter - lediglich zum Abschluss des Albums erklingen noch einmal satte Bläser. Stattdessen rückt das Piano an vielen Stellen ins Zentrum der Melodien. Außerdem beinhaltet dieses Album mit 'All Of The Ways' das bisher elektronischste Stück der Band. Es beginnt mit zitternden Synthesizer-Klängen sowie sich vorsichtig ein- und wieder ausblendenden Gitarren. Paul Banks fragt in ungewohnt eindeutig zu verstehenden Formulierungen seine Liebste, wie ihr neuer Liebhaber sie behandelt. Dabei kommt er wieder auf die unerwartete Eigenschaft zu sprechen: 'Does he make you smile?' Die elektronischen Klänge, die im Hintergrund aufheulen, erinnern an Alarmsirenen. Den Rhythmus geben dumpfe, donnerartige Schläge an. Später werden sie durch metallisches Klicken ergänzt, das von einer großen Standuhr stammen und auf das Warten hindeuten könnte. In 'Always Malaise' verspricht er daraufhin: 'I will act in a certain way, I control what I can, that's the man I am.' Flehentlich bittend heißt es danach in 'Try It On': 'Please explore my love's endurance and stay - stay! Please endure my love's exhortations.' Dieser Song begeistert durch eine Piano-Melodie, die an die Musik aus einer Spieluhr erinnert. Und noch eine weitere Besonderheit des Albums 'Interpol' lässt sich an diesem Lied festmachen: Die Band experimentiert vermehrt mit dem Einsatz von Gesang. Momente wie der Zwischenpart in 'Try It On', wenn Paul Banks' Stimme im Vordergrund ein wenig verzerrt und in verschiedenen Lagen im Hintergrund zugespielt wird, finden sich auf diesem Album häufiger.<br><br>Das Instrument, das auf 'Interpol' am meisten in den Blickpunkt rückt, ist der Bass. Denn mit dem Bassisten Carlos Dengler hat ein zentraler Kopf Interpol nach der Produktion des Albums verlassen. Sein charakteristisches Spiel zeigt sich beispielsweise in der zweiten Single 'Barricade', die er mit seinem Bass davor bewahrt, ein typischer, tanzbarer Indie-Hit aus zappeligen Gitarren zu werden. Denn Dengler wechselt zwischen ebenfalls hektischem, sehr weichem sowie gar keinem Bassspiel und verleiht dem Stück auf diese Weise eine Dynamik, die es andernfalls nicht entwickeln könnte. <br><br>Im letzten Song des Album, 'The Undoing', überraschen Interpol mit eingeschobenen spanischen Versen. Im Vergleich zu den englischen Zeilen des Stücks geht Paul Banks im spanischen Teil noch tiefer mit seiner Stimme, sodass diese Momente einen beschwörerischen Charakter erzielen. Der Schlüsselsatz 'Al puro perder el ganar no compara.', der soviel heißt wie 'Zum reinen Verlieren ist das Gewinnen kein Vergleich.', enthält etwas Programmatisches für Interpol: Ihre Intensität schöpfen sie aus dem Verlust. Das ist das Geheimnis, auf das sie anspielen könnten, wenn sie im Opener 'Success' singen: 'I've got two secrets, but I only told you one.' Und das andere Geheimnis ist, dass Interpol sich nicht davor scheuen, ihrer Musik noch ein Geheimnis zu bewahren. Last edited: 05/09/2010 22:20 |